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STEPHAN HOMANN

lebt und arbeitet in Berlin und Pasenow, Mecklenburgische Seenplatte

Stephan Homann - Maler und Bildhauer

von Dana Zaja

In Stephan Homanns Gemälden und keramischen Skulpturen verwebt er Elemente der Mythologie und Wissenschaft. Sein schöpferischer Prozess wird durch die Verflechtung dieser Bereiche in der Welt angetrieben, wobei er Inspiration aus seinen persönlichen Erfahrungen schöpft.

Mit lebendigen Farben und ausdrucksstarken Linien stellt Homann Chimären - rätselhafte Kreaturen - in seinen Werken dar. Es ist nicht ohne Grund, dass die meisten mythologischen Wesen Hybriden aus zwei oder mehr verschiedenen Tieren sind, Monster mit Körpern von einem und Köpfen von einem anderen. Was Homann interessiert, ist nicht die Größe des Gemäldes oder der Kreatur selbst, sondern vielmehr ihre kollektive Kraft, Konzepte jenseits ihrer physischen Existenz zu symbolisieren und zu vermitteln.

In seiner Darstellung des Bixi, einem chinesischen Drachen, der mit einer Schildkrötenpanzerung verziert ist, und Yacumama, der Riesenschlange aus der Amazonas-Mythologie, präsentiert Homann diese mythischen Wesen mit einer einzigartigen Perspektive, die sich von ihren traditionell schreckenerregenden Darstellungen abwendet. Stattdessen können sie als Verkörperung eines Gefühls der Verletzlichkeit oder Angst in Homanns imaginärer Welt betrachtet werden. Sein malerischer Ansatz beginnt mit den Augen, die er als unser Hauptmittel zur Wahrnehmung der Welt und zur Vermittlung unserer Essenz an andere erkennt. Die Augen in seinen Darstellungen, ob bedrohlich oder unschuldig, verkörpern eine Neugierde im Umgang mit den Komplexitäten der Welt.

In dem Triptychon mit Porträts von Henry David Thoreau, Alexander von Humboldt und Charles Darwin ehrt Homann die größten Naturforscher und Wissenschaftler der Geschichte, ohne die unser Wissen über die Welt noch weiter von Vollständigkeit entfernt wäre als heute. In Homanns Vorstellung werden die Mitglieder des Trios nicht als individuelle Personen herausgestellt, sondern vielmehr als unterschiedliche mythische Repräsentationen ein und derselben Sache, als Kopf des Körpers des Wissens, wie wir es uns heute vorstellen könnten, als Cerberus, der die Pforten der Hölle bewacht.

Mary Anning, eine der ersten Paläontologinnen der Welt, findet ebenfalls in seinen Werken Ausdruck. Wir verdanken Anning unser Wissen über das Aussehen mehrerer Dinosaurier: Ichthyosaurier, Plesiosaurier und Pterosaurier. In Homanns Porträt wird Anning durch ihr Erbe repräsentiert. Mit der Veränderung der Welt ändert sich auch unser Wissen. Aus heutiger Sicht mögen sogar Dinosaurier so mythisch erscheinen wie Drachen. Wissenschaft und Weltmythologien kommen als zwei Seiten derselben Medaille zusammen, als eine Vielzahl von Wissen, anstatt als Widersprüche.

Verschiedene Kreaturen bevölkern diese Gemälde. Es gibt Weewillmekq, das Wassermonster aus der Mythologie der indigenen Völker Amerikas; einen Dirawong der australischen Aborigine-Mythologie, der den Übergang vom Leben im Wasser zum Leben an Land einleitete; einen Julunggul, die Regenbogenschlange; den Dobhar-chú aus der irischen Folklore, einen Wasserhund, der auf Schwimmer lauert; einen drachenähnlichen Qilin aus der chinesischen Mythologie. Diese unterschiedlichen Mythen, von denen jeder ein Fragment des Verständnisses darüber liefert, wie die Welt entstanden ist, tragen alle dazu bei, die gesamte Schöpfung und das mögliche Verlustpotenzial der Welt in jeder Geschichte zu umfassen. Die Julunggul hat beispielsweise laut der aborigenischen Mythologie die gesamte Erde erschaffen, ohne die wir nicht existieren könnten, ist aber in der Lage, Zerstörung über all jene zu bringen, die sie verärgern.

In Homanns Welt ist keine der Kreaturen von Natur aus gut oder böse; alle sind fähig zur Schöpfung und Zerstörung, zur Schönheit und Hässlichkeit, zur Ordnung und zum Chaos. Wer Homanns bildliche Welt betritt, betritt eine Welt ohne Grenzen zwischen Geschichte und Vorstellungskraft, Volkserzählungen und wissenschaftlichen Entdeckungen, Schöpfung und Entdeckung.

Stephan Homann - Painter and Sculptor

by Dana Zaja

In Stephan Homann's paintings and ceramic sculptures, he intertwines elements of mythology and science. His creative process is fueled by the interconnectedness of these realms within the world, drawing inspiration from his personal experiences.

Utilizing vibrant colors and expressive lines, Homann portrays chimeras--enigmatic creatures--in his works. It is not without reason that most mythological creatures are hybrids of two or more different animals, monstrous chimeras with bodies of one and heads of the other. What interests Homann isn't the size of the painting or the creature but rather their collective power to symbolize and convey concepts beyond their physical existence.

In his depiction of the Bixi, a Chinese dragon adorned with a turtle shell, and Yacumama, the giant serpent from Amazonian mythology, Homann presents these mythic beings with a unique perspective, veering away from their traditional terror-inducing portrayals. Instead, they may be seen as embodying a sense of vulnerability or fear in Homann's imaginative world. His painting approach begins with the eyes, recognizing them as our primary means of perceiving the world and conveying our essence to others. The eyes in his depictions, whether threatening or innocent, embody a curiosity in confronting the complexities of the world.

In the triptych consisting of portraits of Henry David Thoreau, Alexander von Humboldt and Charles Darwin, Homann honours the history's greatest naturalists and scientists, without whom our knowledge of the world would be even further from complete than it is today. In Homann's vision, neither of the trio is represented as an individual standing out from the crowd, but as a distinct mythical representation of one and the same thing, a head of the body of knowledge as we might imagine it today, of a Cerberus guarding the gates of Hell.

Mary Anning, one of the world's first paleontologists, also finds expression in his works. We owe Anning our knowledge of the appearance of several dinosaurs: ichthyosaur, plesiosaur and pterosaur. In Homann's portrait, Anning is represented by her legacy. As the world changes, so does our knowledge. From today's perspective, even dinosaurs might seem as mythical as dragons. Science and world mythologies come together as two sides of the same coin, as a myriad of knowledges, rather than its contradictions.

Various creatures populate these paintings. There is Weewillmekq, the water monster of Native American mythology; a Dirawong of the Australian Aboriginal mythology who instigated the transition from life in water to life on land; a Julunggul, the rainbow serpent; the Dobhar-chú stemming from Irish folklore, a water hound preying on swimmers; a dragon-like Qilin from Chinese mythology. These disparate myths, each offering a fragment of understanding of how the world came to be, all comprise the world's entire creation and potential loss into each story. The Julunggul, for instance, created all land according to Aboriginal mythology, without which we would not be able to exist, but is capable of bringing destruction upon all those who anger her.

In Homann's world, neither of the creatures is inherently good or bad; all are capable of creation and destruction, of beauty and ugliness, of order and chaos. One who enters Homann's pictorial world, enters a world without boundaries between history and imagination, folk tales and scientific discoveries, creation and discovery.

Stephan Homann: Mundus Subterraneus

von Julia Wirxel

Ahuitzotl, Dobhar-Chú, Hydra und Julunggul sind Wesen, die Stephan Homann auf expressive Weise dynamisch in leuchtenden Farben malt. Was wie erfunden klingt, sind Reminiszenzen an mythologische Figuren, Gottheiten und prähistorische Tiere. Mit einem unbändigen energetischen Gestus verhandelt der Maler dabei die Themen Schöpfung und Evolutionstheorien sowie unseren Bezug zur Geschichte im Verhältnis zur Gegenwart.

Die neun Köpfe der Hydra (2023) blicken bei Stephan Homann die Betrachter:in aufmerksam an, grinsen mit gefletschten Zähnen wie aus einer Geisterbahn, die Ohren hängen fast niedlich herab, allerdings strahlen die Augen weiß und verbergen den Gefühlszustand des Monsters. Sie könnten auch als Sinnbild für die Bösewicht-Formation aus Captain America stehen. Der Schwanz der Wasserschlange wirkt kräftig, fast wie ein Widderhorn, das beim jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana gespielt wird.

Der Künstler interessiert sich für mythologischen Wesen und solche, die uns als diese erscheinen, wie der Archaeopteryx, der die Evolutionslücke zwischen Dinosauriern und Vögeln schließt. Erstaunlicherweise werden bis in die Gegenwart immer wieder revolutionäre Entdeckungen auf dem Gebiet der Paläontologie gemacht. Beispielweise wurde 2020 bekannt, dass der Spinosaurus in der heutigen Sahara (während einer Warmzeit ohne Eis an den Polen), die durchzogen war von einem riesigen Flusssystem, kein Landraubtier war, sondern einer aquatischen Lebensweise nachging. Oder wer weiß, dass der T Rex sehr eng mit dem Huhn verwandt ist, ein Federkleid trug und Eier legte? Bekannter ist, dass sich generell Federn und Daunen aus den Schuppen der Reptilien entwickelten: von stachelig zu buschig, bis hin zu den heutigen stabilen Federn. 

Diese zeitlich weit entfernten, rätselhaften Wesen regen unsere Fantasie seit ihrer Entdeckung an. Stephan Homann gibt sich seinen Vorstellungen und Gefühlen bezüglich dieser Wesen hin und reicht seine leidenschaftliche Faszination weiter – auch, indem er sich kritisch mit der Geschichtsschreibung und Narration der wissenschaftlichen Entdecker:innen auseinandersetzt, wie beispielsweise der Fossiliensammlerin Mary Anning, deren Einsatz erst sehr spät gewürdigt wurde.

Stephan Homann: Mundus Subterraneus

by Julia Wirxel

Ahuitzotl, Dobhar-Chú, Hydra and Julunggul are beings that Stephan Homann brings to life with expressive, dynamic strokes and bright colours. Mythological beings are memories, cultures and beliefs passed down through generations in the form of figures, deities, and prehistoric animals. Homann negotiates through past and present with irrepressible, energetic gestures as a painter-explorer traversing the landscape of creation myths across time. Thus, he examines our relationship to history. 

 

Stephan Homann's nine heads of the Hydra (2023) look intently at the viewer and grin with bared teeth like something from a haunted house, the ears hang down almost puppy-like, a disturbing combination with eyes that shine white and empty as a void. The name ‘Hydra’ comes from one of the beasts battled by Hercules during his trials, but it is not only a guardian of the underworld, it is also a symbol of regeneration and redemption, a foe as unconquerable as time itself. It has been used as the title of the secret villain organisation in Marvel’s Captain America franchise. In Homann’s epic painting, the tail of this 9-headed water-snake appears powerful, almost like a ram's horn played at the Jewish New Year festival of Rosh Hashanah.

The artist is interested in the cultural significance and emotional weight of mythological creatures, especially of those who act as touchstones in the 21st century; such as Archaeopteryx, a being which bridges the evolutionary gap between dinosaurs and birds. It is perhaps not widely known that humanity is currently experiencing a golden age of palaeontology, with revolutionary discoveries made every year. For example, in 2020 we discovered that Spinosaurus was no land predator but more like a bipedal crocodile, it lived in what is now the Sahara when it was a vast, wet marshland, long before it became the desert we know today. Similarly, we now know that the Tyrannosaurus Rex’s closest living relatives are the chickens, wore downy feathers and laid eggs. What is better known is that feathers and down developed from the scales of reptiles: from prickly to bushy, to today's highly-evolved flight and contour feathers capable of providing lift and granting birds dominion of the sky.

These mysterious creatures, distant in time, have stimulated our imagination since their discovery. Stephan Homann surrenders to the riptide pull of his ideas and feelings about these beings and allows this passionate fascination to drive his work but he also takes a critical look at the historiography and narration of the scientific discoverers, such as fossil collector Mary Anning, whose efforts were only recognised very late. 

Homann knows that both historical accounts and anthropocentric cultures are unreliable narrators, but his work filters this cosmic noise down to a singular truth which permeates across time: the wonder of creation. 

Translation: Sienna Mac Anna

©2023 STEPHAN HOMANN

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